Bibliothek des Evangelischen Ministeriums im Augustinerkloster Erfurt


Die Bibliothek des Evangelischen Ministeriums wurde im Jahr 1646 von der lutherischen Geistlichkeit der Stadt Erfurt als Dienstbibliothek gegründet und im aufgelassenen Augustinereremitenkloster aufgestellt. Aus dem Anfangsbestand von lediglich 40 Büchern entwickelte hat sich im Laufe der zurückliegenden knapp vier Jahrhunderte durch die Pflichtabgaben der Pfarrer – sie wurden per Satzung dazu verpflichtet, bei ihrem Amtsantritt und beim Ausscheiden aus dem Dienst der Bibliothek ein Buch zu übergeben –, gezielte Zukäufe, Schenkungen von Privatpersonen und die Übernahme institutioneller Bibliotheken eine Sammlung, die heute rund 60.000 Bestandseinheiten umfaßt. Unbeschadet des Charakters einer theologischen Fachbibliothek kennzeichnet die Bestände eine schon von den Stiftern der Einrichtung beabsichtigte universale Ausrichtung, die neben den geisteswissenschaftlichen Disziplinen wie Philosophie, Geschichte und den verschiedenen Philologien etwa auch Medizin und Naturwissenschaften, Pädagogik, Astronomie, Botanik oder Ökonomie, Jurisprudenz, Belletristik und Reiseliteratur einschließt.

Der heute verwahrte Buchbestand stammt aus acht Jahrhunderten. Von besonderer Bedeutung sind die historischen Handschriften und Drucke aus der Zeit vor 1850, die mit 13.000 Bestandseinheiten (20 Prozent des Gesamtbestandes) den überregional wahrgenommenen Kern der Bibliothek darstellen. Der Handschriftenbestand reicht ins 12. Jahrhundert zurück (Missale, um 1165). Aus der Gutenbergzeit sind 110 Zeugnisse der frühen Buchdruckkunst (Inkunabeln) zwischen 1450 und 1501 vorhanden, darunter deutschsprachige Bibeln aus den Jahren 1475 (Augsburg, Günther Zainer) und 1483 (Nürnberg, Anton Koberger). Hervorhebenswert sind des weiteren die Drucke und Autographen aus dem Jahrhundert der Reformation, unter denen sich beispielsweise 600 Flugschriften aus der Zeit vor 1550, die »Wittenberger» und »Jenaer« Lutherausgabe sowie mehrere Briefe von Luthers Hand befinden, darunter der weltweit älteste im Autograph erhaltene vom 5. August 1514 an Georg Spalatin. Zur Erforschung der Kirchen-, Literatur- und Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit im Thüringer und mitteldeutschen Raum stellen die Handschriften und Drucke des 17. und 18. Jahrhunderts unverzichtbare Quellen dar.